"Hier fand ich einen Platz, an dem ich weinen durfte..."

Von außen erinnerte mich die Station ein wenig an ein Internat. Es waren keine Gitter vor den Fenstern; ist schon seltsam, welche Vorstellungen man sich von der Psychatrie macht. Aber auf den Balkons gab es teilweise Glasabsperren. Sicher ist eben sicher.

Das Gebäude der Depressionsstation lag nicht auf dem Gelände der Psychatrie, welche in einem alten Münster untergebracht war. Zwiefalten an sich ist ein kleiner hübscher Ort auf der Schwäbischen Alb.

Frau Dr. Vöhringer war eine nette Ärztin, die mir aufmerksam zuhörte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich sie davon überzeugen musste, dass sie mich stationär aufnahm. Ich kam mir vor wie bei einem Bewerbungsgespräch. Ja, ich hatte Angst, dass sie mir nicht helfen konnte/wollte.

Wir sprachen eine Stunde miteinander und sie teilte mir mit, dass ich Glück hätte und am Dienstag aufgenommen werden könnte.

Dienstag???

Das war noch nicht mehr mal eine Woche bis dahin. Und ich war doch noch auf die starke Erkältung krankgeschrieben.

In mir drehte sich alles. Was war mit der Wartezeit? Ich erbat mir Bedenkzeit bis zum nächsten Tag.

Anschließend zeigte mir jemand vom Pflegepersonal die Station.

Ich war überrascht, wie angenehm die Räumlichkeiten waren. Nirgends konnte ich "das Krankenhaus" entdecken. Viel mehr glich die Station einer großen Wohngemeinschaft mit vielen Gemeinschaftsräumen. Es gab für die Anfangszeit Doppelzimmer, von dem man später in ein Einzelzimmer umziehen würde. Sogar eine Sauna befand sich im Keller.

Mir wurde der Tagesablauf erklärt.

7.15 Uhr Frühsport, anschließend Frühstück. Ab 9.00 Uhr fingen dann die unterschiedlichen Therapien an. Das Angebot war sehr vielseitig. Bewegungstherapie, Schwimmen, Musik, Gestaltung, Reiten, Gruppengespräche, Einzeltherapie...ein genauer Therapieplan würde mir durch die Ärztin zusammengestellt werden. Gegen 17.00 Uhr war der Therapietag in der Regel vorbei. Es gab noch unterschiedliche Entspannungsangebote und Autogenes Training, welches in den Abend verlegt worden war. Außerdem musste jeder neue Patient 6 Stunden an der psychoedukativen Gruppe teilnehmen (in dieser Gruppe wurden die Patienten mit den Fakten, Verläufen, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten der Depression vertraut gemacht).

Beim Rundgang liefen mir immer wieder Patienten über den Weg, die alle so "normal" aussahen.

Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber ich war sehr angenehm überrascht.

Trotzdem bestanden immer noch Zweifel.

Gehörte ich wirklich hier hin?

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