Straßenbahnfahrt

Menschengedränge auf dem Bahnsteig.

Die Straßenbahn ist hoffnungslos überfüllt.

Wir steigen ein.

Es ist das zweite Mal, dass wir etwas unternehmen und ich freue mich auf den Abend.

Wir finden etwas Platz, gerade genug, dass wir uns irgendwo festhalten können. Du erzählst mir etwas, doch ich kann dem Sinn Deiner Worte nicht folgen.

Wie gebannt sehe ich in Deine Augen. Ich hatte nie viel für braune Augen übrig, bis ich in Deine geschaut hatte. Vielleicht lag es auch daran, dass Du der erste Mann bist, der es geschafft hat mich sprachlos zu machen. Egal. Es ist einfach so.

Die Bahn hält an.

Noch mehr Menschen steigen ein. Ich kann mich nicht mehr festhalten. Ich werde näher an Dich gedrückt. Um uns herum eine wirre Geräuschkulisse. Die Luft wird immer stickiger. Ich fühle, wie sich meine Platzangst ihren Weg bahnt und sich nach der Freiheit sehnt.

Doch seltsamer Weise genieße ich den Augenblick. Ich fühle Deinen Körper ganz dicht an mir. Atme den Geruch Deiner Haut und versinke in Deinem Blick.

Eigentlich bin ich nicht schüchtern, kann Jemandem ewig in die Augen sehen und bin nie um Worte verlegen. Aber dieses Mal ist es anders. Ein paar Sekunden zu viel schaue ich Dich an.

Ich sehe weg und schau aus dem Fenster. Die Stadt fliegt an mir vorbei, doch ich nehme nichts wahr. Ich spüre nur Dich und Deine Gegenwart.

Verrückt, eingepfercht zwischen vielen, und doch bin ich mit Dir allein.

Wieder hält die Bahn.

Das Gedränge wird unerträglich und doch hoffe ich, dass wir ewig so weiterfahren könnten. Dir einfach nah sein, ohne mein Gesicht zu verlieren.

Wir fahren in einen Tunnel.

Immer noch sehe ich aus dem Fenster. Durch die Dunkelheit spiegelt sich Dein Gesicht im Glas. Du siehst mich an. Sagst nichts, sondern schaust mich einfach nur an.

Ich bin nervös.

Genauso nervös, wie ich es vorhin war, als Du mir sagtest, dass Du meine Augen und meinen Mund magst. Ich war so durcheinander und konnte keinen klaren Gedanken fassen.

Jemand stößt seinen Arm in meinen Rücken, ich verliere meinen Halt und finde mich im nächsten Moment nur ein paar Zentimeter von Deinem Gesicht entfernt wieder.

Mir stockt der Atem und meine Hände werden kalt.

Meine Augen finden Deinen Blick.

In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken und fallen doch ins Nirgendwo.

Nur eines beherrscht meinen Körper. Ich will den Mund berühren, den ich vor mir sehe. Möchte Deine Lippen liebkosen und Deine Zunge spüren. Dein Atem lässt mich erschauern. In mir brennt alles in diesem Verlangen.

Wir sehen uns an. Jedes Wort wäre zuviel. Jeder fühlt was der andere denkt.

Die Bahn hält an.

Wir steigen aus.

Jeder mit der Gewissheit, dass es passieren wird.

Irgendwann.