Die Visitenkarte
Als die Abteiltür aufgeschoben wurde, glaubte er seinen
Augen nicht zu trauen; rotes flammendes Haar, forschende grüne Augen,
endlose Beine und ein Lächeln, welches unwiederstehlich war - kurzum
die Frau seiner Träume.
Sie setzte sich ihm gegenüber und starrte aus dem Fenster auf die vorbeieilende
Winterlandschaft; sie sprach kein Wort. Er konnte nicht anders und heftete
seinen Blick an ihre Lippen, ließ ihn über ihren Mantel fahren
und verweilte kurz an ihren feuchten Stiefeln.
In seinen Gedanken formulierte er die Sätze, von denen er wusste, dass sie ihm nie über die Lippen gehen würden - "Hätten sie vielleicht Lust auf einen Kaffe?" - doch er schwieg. In diesem Moment hasste er seine Schüchternheit über alles und wäre so gern anders gewesen; offener und redegewandter.
Der Zug hielt mit einem Ruck und sie stand auf. Im Vorrübergehen
schenkte sie ihm ein Lächeln und er konnte den zarten Duft ihres Parfüms
einfangen.
Als er wieder allein war, glitt sein Blick noch einmal auf den Platz, wo soeben
dieses Zauberwesen gesessen hatte und er erstarrte - auf ihrem Sitz lag leuchtend
eine Visitenkarte.